Antikapitalismus von rechts und von links

Wann?
Mittwoch, 06.06.2001 20:00

Wo?
EKH, Wielandgasse 2-4, 1100 Wien

Der Nationalsozialismus beschränkte sich nicht auf die terroristische Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung. Insbesondere an deren Basis wurde versucht, auch integrierend zu wirken. Das ideologische Integrationsangebot an das von marxistischer "Verblendung" befreite Proletariat erfolgte vor allem in Form eines spezifischen Antikapitalismus oder "nationalen Sozialismus". Dieser bekämpfte nicht die private Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, sondern versuchte die daraus rührende Klassenspaltung in der "Volksgemeinschaft" aufzuheben. Anstatt das Kapital als ganzes griff er bloß dessen "Mißbrauch" an. Dabei wurde nicht nur die Einheit von Produktion und Zirkulation aufgelöst, sondern auch zwischen "schaffendem" (i.e. "deutsches" oder "nationales") und "raffendem" (i.e. "jüdisches" oder "internationales") Kapital unterschieden. Wie jeder reaktionäre Antikapitalismus erschöpfte sich auch jener der Nazis im Antisemitismus: Sein Ziel war nicht die Überwindung des Kapitalismus, sondern die Befreiung der "deutschen" Arbeit von ihrer "jüdischen" Aneignung oder der "Zinsknechtschaft".

Aber auch der nachfaschistische Rechtsextremismus setzt bei den Widersprüchen im Kapitalismus an. Wie sein historisches Vorbild kritisiert er diesen nicht als gesellschaftliche Totalität, sondern als bösen Plan einiger "(internationaler) Kapitalisten". Auch hier richtet sich das Ressentiment ausschließlich gegen die Zirkulationssphäre. Altes wie neues Feindbild ist das "vagabundierende Finanzkapital" und die Börse. So ist im FPÖ- Parteiprogramm die Rede von "internationalen Spekulanten", von welchen das "Volk" geschützt werden müsse. Haider selbst wandte sich wiederholt gegen den "unfairen" oder "schrankenlosen" Kapitalismus und schreckte nicht mal davor zurück, den NS-Kampfbegriff der "Zinsknechtschaft" wieder aufzuwärmen.

Aber auch ein vorgeblich "linker" Anti-Globalisierungsdiskurs droht hinter die Essentials der Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie zurückzufallen: Er ist ebenfalls nicht frei von Personalisierungen und Verschwörungstheorien und kritisiert den Kapitalismus nicht mehr als solchen, sondern bloß dessen aktuellen Erscheinungsformen.