Die nationalsozialistische Ästhetik Leni Riefenstahls
Wann?
Mittwoch, 27.11.2002 18:30
Wo?
EKH, Wielandgasse 2-4, 1100 Wien
Von Georg Seeßlen stammt die These, dass die deutsche Kultur fünfzig Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus faschistischer sei als zu Hitlers Lebzeiten, "politisch entschärft und privat verschärft" und sich tendenziell weiter faschisiere. Einiges spricht für diese These, was aber vor allem beobachtbar ist, ist das besinnungslose Revival kultureller und ästhetischer Vorstellungsstränge jener Zeit. Scheinbar unverdächtig, durch langes Beschweigen aus dem Erinnerungskontext gerutscht, durch Abwesenheit oder Nichtzurkenntnisnahme von Kritik kaum entlarvt, erfreuen sich die alten Kamellen seit Jahren ständiger wachsender Beliebheit, entweder versehen mit dem Label des "Neuen" oder des "Wiederentdeckten". Leni Riefenstahl ist so ein Fall. Viel Zeit ist seit damals vergangen, jetzt darf mann endlich die "prominenteste Untote des Nationalsozialismus" mitsamt ihrer Ästhetik feiern. Eine Ästhetik, die von nicht wenigen als bahnbrechend gefeiert wird und dabei nichts weiter tat, als einer menschenverachtenden Ideologie das adäquate Bild, die adäquate Darstellung zu geben. Wie wenig diese Zeiten und ihre psychischen und ideologischen Inhalte vorbei sind, beweist der sich enthemmende Umgang mit Leni Riefenstahl und ihrem Werk.
Im Vortrag wird der Versuch unternommen, anhand von Leni Riefenstahls Aussagen und ihrer Produktion sowohl sie selbst als auch das gesellschaftliche Bedürfnis nach dem Faszinosum der nationalsozialistischen Ästhetikproduktion zu analysieren.